Substanzwerte werden „wachgeimpft“!

von | 27. November 2020

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Kolumne von Gerd Häcker, geschäftsführender Gesellschafter der Steinbeis & Häcker Vermögensverwaltung GmbH in München.

Die Welt denkt um

Covid-19 traf die Welt weitgehend unvorbereitet. Diese Krise zeigte uns einmal mehr schmerzhaft auf, wie verletzlich viele Geschäftsmodelle sind, von denen wir es nicht erwartet hätten. Firmen, die als klarer Marktführer in ihren Branchen galten, kämpfen plötzlich ums finanzielle Überleben. Ein Lockdown von mehreren Wochen in Verbindung mit einem abgeschwächten Kerngeschäft brachte große Firmen wie Lufthansa, TUI, Thyssen und viele andere sehr schnell in eine existenzbedrohende Schieflage. Man muss sich wirklich wundern, dass trotz der immer größer werdenden Anforderungen in Bezug auf das Risikomanagement eines Unternehmens solche Konzerne binnen kurzer Zeit so stark in Bedrängnis geraten können.

Eines wurde uns damit allen klar vor Augen geführt: Die Eigenkapitaldecke vieler Aktiengesellschaften erwies sich als zu dünn, um solche Ausnahmesituationen sicher zu bestehen. Eine zu offensive Firmenpolitik, die den Kredithebel in Zeiten von Niedrigzinsen zu stark betätigte, stürzte viele Aktionäre ins Verderben. Nötige Kapitalerhöhungen führten zur Verwässerung der eigenen Beteiligung. Es ist davon auszugehen, dass dieser Prozess noch nicht abgeschlossen ist.

Bei der Aktienauswahl gibt es verschiedene Vorgehensweisen. So mancher Geldverwalter ist bereit, hoch bewertete Gesellschaften und Firmen mit hohem Leverage ins Portfolio zu nehmen. Wir legen in unseren Strategien mehr Wert auf eine konservative Bilanzstruktur und Substanz. Außerdem sind wir nicht mehr bereit hohe und unangemessene Bewertungsaufschläge für unsere Investments zu akzeptieren. In der Krise veränderten sich die Ansichten darüber, wie in Zukunft Wirtschaft betrieben wird. Videokonferenzen, Homeoffice und Softwaretechnologien traten in den Vordergrund. Die Hoffnung auf starkes Wachstum befeuerte die Aktienkurse aus diesem Segment. Selten dagewesene Börsenbewertungen, die bis zum 100fachen Jahresumsatz eines Unternehmens reichten, waren zu beobachten. Verkauft wurden „Old Economy-Werte“, denen man heutzutage anscheinend keinerlei Zukunftsperspektiven mehr zugesteht.

Die Börse schnuppert wieder Normalität

Doch was passiert, wenn sich das Blatt nun wendet, die Wirtschaft anspringt und der Corona-Virus wieder weitestgehend unter Kontrolle ist? Einen Vorgeschmack erlebten wir in den vergangenen Wochen. Ein Impfstoff erscheint am Horizont. Die Börse schnuppert Normalität und damit eine konjunkturelle Belebung. Substanzwerte wie Immobiliengesellschaften und REITs, Hotelketten und konjunktursensitive Titel landeten über Nacht auf den Einkaufslisten der Anleger. Sollte sich die Konjunktur tatsächlich deutlich erholen und das Gespenst monatlicher Lockdowns von der Tagesordnung verschwinden, wird sich der Favoritenwechsel verstärken. Substanzwerte werden nachgefragt, während Aktiengesellschaften aus der Technologiewelt, viele davon sogenannte „stay-at-home“-Profiteure, ihren hohen Bewertungen und der allgemeinen Euphorie Tribut zollen sollten. Allein ein geringer Anstieg des nominalen Zinsniveaus, den wir für die nächsten Jahre aufgrund inflationärer Tendenzen als wahrscheinlich erachten, führt bei einer Diskontierung der künftigen erwarteten Erträge vieler Technologiegesellschaften zu möglichen Kursverlusten in zweistelliger Größenordnung. Hier hat sich also das Chance-Risiko-Profil eindeutig verschlechtert.

In vielen ungeliebten Branchen fanden sich in letzter Zeit dagegen deutlich fehlbewertete Aktien, die zusammen mit einigen Problemkindern in einen starken Abwärtsstrudel geraten waren. Diese gilt es nun zu identifizieren. Shopping-Center-Aktien zu einem Bruchteil des Nettoinventarvermögens und Hotels zu einem EV/EBITDA von 2-3 erscheinen plötzlich auf der „Speisekarte“. Eine Erholung von Rohstoffaktien ist wegen des lauernden Inflationsgespenstes und der positiven Konjunkturaussichten ebenso zu beobachten. Keine Frage, der technologische Fortschritt und die Digitalisierung schreiten weiter mit hohem Tempo voran, aber viele Kursexplosionen bei Aktien aus diesem Umfeld haben jüngst die durchaus positiven Aussichten überzeichnet. Eine potentielle Belebung der Wirtschaft ist ohne die Bereiche Maschinen- und Anlagenbau, Transport, Handel sowie Chemie nicht vorstellbar. Wachstum trifft dann auf niedrige Bewertungen bei diesen konjunkturabhängigen Unternehmen. Gute Aussichten für die künftige Kursentwicklung.

 

Substanzwerte – Fakten statt Hoffnung

Es ist Zeit geworden, die Portfolios zu adjustieren. Weniger Technologie, mehr Substanz. Der Markt beginnt nun einen erfolgreichen Impfstoff für das Covid-19 Virus einzupreisen. Value ist wieder Trumpf. Das konnten wir in den vergangenen Wochen gut verfolgen. Die historische Performancedifferenz, die sich zwischen wachsenden Technologieunternehmen im Vergleich zu klassischen Value-Werten ergab, wird sich deutlich verringern. Dieser Anpassungsprozess kann sich in kurzer Zeit vollziehen, da die Untergewichtung professioneller Anleger und Fonds bei Value-Aktien enorm groß ist und nun verringert werden muss. Technologiewerte genossen eine Sonderkonjunktur, da sie sich zudem in vielen Nachhaltigkeitsfonds mit hoher Gewichtung wiederfanden. Nun sehen wir eine erste große Branchenrotation hin zu den Substanzwerten, deren Bewertung sich nicht nur auf Hoffnung, sondern auf Fakten aufbaut.

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