Sommerpause

von | 02. August 2021

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Es kehrt etwas Ruhe an den internationalen Finanzmärkten ein. Viele Marktteilnehmer verweilen im Urlaub, die Umsätze an den Börsen gehen erfahrungsgemäß vor allem im August deutlich zurück. Insbesondere an den Aktienmärkten waren in den vergangenen Wochen nur geringe Schwankungen zu beobachten.

Es bleibt zu hoffen, dass dies so bleibt, denn historisch betrachtet überraschen die Sommermonate oft mit deutlichen Turbulenzen. August und September gelten gemeinhin als schlechte Börsenmonate. In den vergangenen 10 Jahren haben die internationalen Aktienmärkte im Schnitt in diesem Zeitraum an Wert eingebüßt. Muss es in diesem Jahr auch so kommen? Korrekturen sind möglich. Die Märkte könnten im Sommer mit dünner Liquidität auf Wirtschaftsdaten und andere negative Nachrichten überreagieren. Wir geben aber zu bedenken, dass das Jahr 2021 aufgrund geld- und fiskalpolitischer Maßnahmen als Reaktion auf die Corona-Krise außergewöhnlich ist. Historischer Vergleich und saisonale Kursverläufe sollten aus unserer Sicht mit Vorsicht berücksichtigt werden.

Das Narrativ der Stagnation

Weltweit kämpfen viele Unternehmen mit der Knappheit bei Vorprodukten und mit Lieferproblemen, sodass trotz meist sehr gutem Auftragsbestand das Wachstum in die kommenden Quartale verschoben wird. Die gesamtwirtschaftliche Produktion sollte also in den kommenden Quartalen nachziehen und damit die Perspektiven im Jahr 2022 erhöhen. Das Wachstum verschiebt sich also noch ein Stück weiter in die Zukunft. Dies trifft insbesondere für Deutschland und die Eurozone zu.

Für die kürzlich aufgekommenen Sorgen um einen plötzlichen Wachstumsrückgang in den USA gibt es aus unserer Sicht wenig Anlass, solange sich die Lage an der Pandemiefront nicht nachhaltig verschlechtert. Es ist offensichtlich, dass die furiose Wachstumsdynamik nach Ende der weltweiten Lockdowns nicht trendfähig ist und die prozentualen Wachstumsraten rückläufig sein werden. Als erster Wirtschaftsblock erholte sich China nach der Pandemie und folglich verwundert es kaum, dass die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft bereits Anfang des Jahres den Wendepunkt in der Erholungsdynamik überschritten hat. In den USA dürfte dies im zweiten Quartal der Fall sein, während Europa im dritten Quartal den Peak erreichen wird. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit von Konjunktursorgen an den Börsen, wenn die Marktteilnehmer eine zu starke Abkühlung der Wachstumsdynamik befürchten.

Anleger sind verunsichert. Eine Situation wie die heutige gab es noch nie. Erst wurden die Volkswirtschaften per Dekret mit diversen Lockdowns in den Schockzustand versetzt, um sie anschließend mit gigantischen geld- und fiskalpolitischen Instrumenten wiederzubeleben. Die Marktstimmung schwankt dementsprechend zwischen den Extremen: In einer Woche ist es die Sorge über eine außer Kontrolle geratene Inflation; als Nächstes ist es die trübe Aussicht auf einen Wachstumseinbruch. Sorgen über Deflation und Inflation wechseln sich ab. In letzter Zeit scheinen die Anleihemärkte die jüngsten starken Konjunktur- und Inflationsdaten ignoriert zu haben. Sie konzentrieren sich mehr auf Virusängste und die damit verbundenen Deflationsgefahren. Die nominalen und realen Renditen sind wieder in Richtung historischer Tiefststände gefallen. Die Aktienmärkte rund um den Globus zeigen sich gegenüber diesen Belastungsfaktoren auf Indexebene relativ resistent. An den US-Börsen markierten der S&P 500, der Nasdaq und der Dow zuletzt neue Rekordstände. Auch der DAX zeigt sich, abgesehen von einem kurzzeitigen Rücksetzer Mitte Juli, unbeeindruckt. Bemerkenswert sind allerdings die großen sektoralen Bewegungen innerhalb der Indizes. Mal werden die Aktien von konjunktursensitiven Unternehmen gesucht, um dann später wieder gnadenlos abverkauft zu werden.

Wir glauben nicht an das Szenario einer langen Stagnation, die von einem schwachen Wachstum in Kombination mit niedriger Inflation und tiefen Zinsen gekennzeichnet ist. Die Besorgnis, dass eine vorzeitige Straffung der Geldpolitik durch die weltweiten Notenbanken oder die Ausbreitung der Delta-Variante die globale Konjunkturerholung abwürgen könnten, erscheint uns aus heutiger Sicht übertrieben. Wir geben aber zu bedenken, dass weiterhin Schwankungen angesichts der großen Unsicherheit der Anleger aufgrund der historischen Beispiellosigkeit dieses Neustarts der Wirtschaftstätigkeit zu erwarten sind.

Während dieses beispiellosen wirtschaftlichen Neustarts ist es umso wichtiger, den roten Faden nicht zu verlieren. Wir bleiben bei unserer strategischen Sichtweise: Die Weltwirtschaft erholt sich vom coronabedingten Einbruch, die Konsumlust kehrt zurück und auch der Inflationsdruck bleibt strukturell erhalten (siehe Marktbericht Juli 2021). Das müsste eigentlich zu höheren langfristigen Zinsen führen. Die großen Zentralbanken reagieren aber langsamer auf die steigende Inflation als in der Vergangenheit, indem sie die nominalen Anleiherenditen niedriger und die Realzinsen negativ halten. Sie tun das nicht freiwillig, sondern die dramatische Verschuldung vieler Staaten lässt ihnen keine andere Wahl. Ihr Werkzeugkasten ist leer, lediglich auf verbaler Ebene wird noch Handlungsfähigkeit vorgegaukelt. Dies alles spricht für Sachwerte. Unsere Portfolios bleiben daher auf die Konjunkturerholung mit inflationären Tendenzen ausgerichtet.

Noch ein Wort zur Inflation

Wir haben sie seit dem Bekanntwerden der ersten geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen im Frühjahr des vergangenen Jahres angekündigt. Nun ist sie da, die Inflation. Sie wird in den offiziellen Statistiken sichtbar. In Deutschland ist der Konsumentenpreisindex für den Monat Juli im Vergleich zum Vorjahr um 3,8 Prozent gestiegen. In den USA ist der Index sogar um 5,4 Prozent gestiegen. Auch die sogenannte Kerninflation – also ohne die besonders stark schwankenden Preise für Energie und Nahrungsmittel – stieg um 4,5 Prozent. Damit gehen den Beschwichtigern langsam die Argumente aus: Es handelt sich um den stärksten Anstieg der Kerninflation seit 30 Jahren. Auch wenn die Konjunktur weltweit wieder anzieht, belassen die wichtigen Notenbanken den Leitzins auf historisch niedrigen Niveaus. Wie oben beschrieben, dürften die Notenbank zumindest auf absehbare Zeit an ihrer lockeren Geldpolitik festhalten. Weiterhin pumpt die US-Notenbank 120 Milliarden US-Dollar monatlich in die amerikanische Wirtschaft und geht davon aus, dass der derzeitige Inflationsanstieg ein vorübergehendes Phänomen bleibt.

Dass die Inflation moderat bleibt und wenn überhaupt ein kurzfristiges Phänomen ist, könnte aus unserer Sicht eine Fehleinschätzung sein. Die Teuerungsraten werden wohl nicht auf den derzeitigen Niveaus verharren. Vielmehr könnte sich der Inflationsprozess noch einmal beschleunigen. Warum sollten etwa die Arbeitnehmer auf stetig steigende Inflationsraten nicht mit höheren Lohnforderungen reagieren, wenn allenthalben Fachkräftemangel herrscht? Damit käme die klassische Lohn-Preis-Spirale zur Wirkung.

Für Sparer bleibt das Umfeld weiterhin katastrophal. Geld auf dem Konto oder in Staatsanleihen wirft nach Abzug der Inflation fast nirgends auf der Welt noch einen positiven Ertrag ab. Zinsen auf zehnjährige Staatsanleihen liegen nur noch in China und in Brasilien über der Inflationsrate. In vielen Ländern sind die Realrenditen tief negativ. Die legale Enteignung hat längst begonnen und nimmt nun Fahrt auf. Geld hat seine Wertaufbewahrungsfunktion längst verloren. Das Geldvermögen der Deutschen beträgt etwa 7 Billionen Euro. Bei der derzeitigen Inflationsrate von 3,8 Prozent bedeutet dies eine Enteignung von 3.200 Euro pro Bürger. Der Run in Aktien, Immobilien, Edelmetalle, Rohstoffe und andere Sachwerte dürfte sich daher noch mehr verstärken. Viele dieser Anlagen werden in den kommenden Jahren exorbitante Bewertungsniveaus erreichen.

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