Freundliche Kapitalmärkte im ersten Halbjahr

von | 13. Juli 2021

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Es ist Halbzeit im Jahr 2021. Für Investoren waren die vergangenen sechs Monate nicht leicht, aber insgesamt betrachtet hat sich an den Börsen die kräftige Erholung, die bereits die zweite Hälfte des Pandemiejahres 2020 geprägt hatte, fortgesetzt. Die Finanzmärkte haben die positiven Nachrichten in den vergangenen Monaten meist geordnet eingepreist, zum Vorteil unserer gut strukturierten Kundenportfolios. Es gibt ein wachsendes Gefühl, dass die Welt “wieder normal wird”. Die globale Wirtschaft boomt, da die COVID-19-Fälle sinken. Profitiert haben die Aktienmärkte von der Impfkampagne, den Konjunkturaussichten und großzügiger fiskalischer und geldpolitischer Unterstützung. Für die Performance war darüber hinaus sicherlich hilfreich, dass jegliche Abwärtskorrekturen vom Ausmaß her gering und von der Dauer her sehr kurz blieben.

Für den Rentenmarkt fällt die Halbjahresbilanz weniger eindeutig aus. Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen stieg die ersten drei Monate steil an, tendierte im zweiten Quartal jedoch seitwärts bis leicht schwächer. Bei den Renditen für 10-jährige deutsche Bundesanleihen führten zwei Aufwärtswellen dazu, dass der Zins heute etwa 0,3 Prozentpunkte höher als zum Jahreswechsel steht. Am Devisenmarkt erlebte der Euro gegenüber dem US-Dollar ein schwaches erstes Quartal, es folgten zwei starke Frühlingsmonate und dann ein sehr schwacher Juni. Seit mittlerweile elf Monaten gelingt es dem EUR-USD-Wechselkurs nicht, sich entscheidend von der 1,18er-Line zu lösen. Am Schlusstag des ersten Quartals markierte er bei 1,1704 sein bisheriges Jahrestief.

Rohstoffe erlebten eine Aufwärtsdynamik auf breiter Front. Fast in einer Linie bergauf ging es mit den Rohölpreisen. Lediglich ein größerer Rücksetzer im März störte diesen Aufwärtstrend, der in der Summe ein Kursplus von rund 50 Prozent bedeutete. Agrarrohstoffe wie Mais oder Soja haben sich um mehr als 20 Prozent verteuert.

Die Erwartung erhöhter Preissteigerungen führte insbesondere im März und April zu Inflationssorgen an den Märkten, die sich mittlerweile aber wieder etwas gelegt haben, obwohl die US-Inflation im Mai gegenüber dem Vorjahr um 5 Prozent stieg und damit deutlich über der Prognose der US-Notenbank (FED) für 2021 lag. Die große, noch ungelöste Frage ist, ob die gegenwärtig veröffentlichten, hohen Inflationsraten nur temporärer Natur sind. Als treuer Leser unserer Marktberichte kennen Sie unsere Meinung zu diesem Thema. Wir sehen ein erhöhtes Risiko, dass Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage bei den Arbeits- und Rohstoffpreisen anhaltender werden. Mehr dazu in der nachfolgenden Kolumne.

Zinsen sinken – Inflationssorgen vorbei?

Kräftiges Wirtschaftswachstum und steigende Inflation: Das müsste eigentlich für höhere Zinsen an den Bondmärkten sprechen. Doch in den vergangenen Wochen ist genau das Gegenteil geschehen. Investoren, die auf höhere Zinsen bei Anleihen gehofft hatten, dürften nach dem jüngsten Renditerückgang ernüchtert sein. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen sank zuletzt auf -0,3 Prozent,
nachdem sie sich zwischenzeitlich bereits auf dem Weg in positives Terrain befand. Renditedrückende Vorgaben kamen vor allem aus den USA. 10-jährige US-Staatsanleihen reduzierten sich auf 1,3 Prozent, nachdem im März noch 1,75 Prozent erreicht wurden. Insgesamt passt der Renditerückgang aber nicht in das allgemein vorherrschende zyklische Bild. Möglicherweise wird das Kurspotenzial bei Aktien von Investoren inzwischen als nicht mehr so hoch eingestuft und es fließt mehr Kapital in den sicheren Hafen von Staatsanleihen.

Wir sind weiterhin der Überzeugung, dass nach dreißig Jahren struktureller Disinflation mit temporären deflationären Schocks, eine neue Phase mit erhöhter Inflation beginnt. Die Gründe hierfür haben wir an dieser Stelle ausführlich diskutiert. Wesentlich bleibt die politische Ausrichtung. In der Pandemie haben viele Staaten eine Grenze überschritten. Geld- und Fiskalpolitik wurden fusioniert Die Unabhängigkeit der Zentralbanken wurde endgültig zu Grabe getragen. Eine Rückkehr in die „alte Welt“ ist nicht mehr vorstellbar. Zu verlockend ist die monetäre Staatsfinanzierung. Populäre Wohltaten und ideologische Projekte lassen sich so bequem und meist zinslos finanzieren. Einsparungen und Budgetdisziplin dürften zu sozialen Spannungen führen und die Wiederwahl von politischen Parteien gefährden. Haben sich Volk und Staat erstmal an die Droge des billigen und im Überfluss vorhandenen Geldes gewöhnt, fällt der Entzug sehr schwer.

Ein Beispiel gefällig? Die Europäische Zentralbank (EZB) hat nach jüngsten Daten im Juni Anleihen im Wert von 80 Mrd. EUR gekauft.

Im gleichen Zeitraum beliefen sich die Gesamtemissionen der Regierungen der Eurozone und der EU auf rund 100 Mrd. EUR. Wie seit Beginn des Pandemie-Ausbruchs hat die EZB fast alle neuen Schulden der Länder der Eurozone aufgenommen. Wir können davon ausgehen, dass dies bis zum Jahresende der Fall sein wird. Trotz der Meinungsverschiedenheiten innerhalb des EZB-Rates über die Zukunft der Geldpolitik dürften Arbeitsmarktflaute und wachsende Bedenken hinsichtlich der Deltavariante die EZB daran hindern, eine deutliche Reduzierung der monatlichen Käufe ins Auge zu fassen.

Wir sind uns durchaus bewusst, dass ein inflationäres Regime sich nicht linear entwickelt und immer wieder durch gegenläufige Trends abgeschwächt oder unterbrochen wird (siehe nachfolgende Kolumne). Dies sollte immer wieder zu Favoritenwechsel und Turbulenzen an den Kapitalmärkten führen, auf die adäquat reagiert werden sollte ohne das große Ganze aus den Augen zu verlieren. Die Entwicklung an den Börsen in den vergangenen Wochen lieferten hierfür einen kleinen Vorgeschmack.

Die jüngste Entwicklung als Chance?

Es liegt in der Natur der Märkte zu übertreiben. Vielleicht können wir den jüngsten Zinsrückgang, die Underperformance von Value-Aktien und Rohstoffen damit partiell erklären. Für diejenigen, die weiterhin davon überzeugt sind, dass eine Erholung und langfristig Inflation bevorsteht, scheint dies eine großzügige Gelegenheit zu sein, um

Positionen auf- beziehungsweise weiter auszubauen.

Der Market bietet jetzt eine offensichtliche Gelegenheit, Value-Aktien zu kaufen. Unternehmen, die im Vergleich zu ihren Fundamentaldaten attraktiv bewertet sind, entwickeln sich in ökonomisch guten Zeiten tendenziell positiv, da Wachstum leicht zu erzielen ist. Diese Aktienkategorie befand sich seit der Ankündigung der ersten erfolgreichen Impfstofftests im vergangenen November deutlich im Aufschwung. Wachstumssorgen, Angst vor der Deltavariante sowie der Zinsrückgang haben diesen Trend aber jüngst gestoppt.

Schließlich wollen wir noch einen Blick auf Gold werfen. Auf lange Sicht ist die Beziehung zwischen Gold und realen Renditen klar und logisch. Gold bringt kein Einkommen. Je niedriger die Rendite alternativer Anlagen wie Anleihen ist, desto attraktiver wird Gold und umgekehrt. Es gibt viele falsche Korrelationen im Finanzwesen, aber dies ist keine davon.

Deutlich negative Realrenditen sollten für Gold sehr vorteilhaft sein. Aber das ist aktuell nicht zu beobachten. Nach der Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank im Juni stiegen die Realrenditen und Gold fiel. Aber seitdem hat sich Gold seitwärts entwickelt, während die Realrenditen ihren Anstieg wieder eingebüßt haben. Wenn man, wie wir, an die Argumente für eine Inflationierung glaubt, könnte Gold derzeit eine interessante Anlage sein.

Weiterhin gutes Umfeld für Kapitalmärkte

Obwohl mittlerweile ein hoher Anteil an positiven Nachrichten an den Märkten eingepreist ist, glauben wir, dass Aktien vom robusten Wirtschaftswachstum, steigenden Gewinnen und den Konjunkturimpulsen weiter gut unterstützt bleiben. Die Aussichten für die Weltwirtschaft in diesem Jahr sind erfreulich. Die OECD hat kürzlich ihre Prognose für das BIP-Wachstum von 5,6 auf 5,8 Prozent erhöht und auch im nächsten Jahr soll es immer noch hohe 4,4 Prozent betragen. Die Ausbreitung der Deltavariante wird die Euphorie an den Finanzmärkten bremsen, aber nicht abwürgen. Solange das Wirtschaftswachstum robust bleibt, dürften die Aktienmärkte ihren übergeordneten Aufwärtstrend beibehalten. Wir bleiben daher immer noch für die Wiedereröffnung der Wirtschaft und eine breitere globale Erholung positioniert und gehen davon aus, dass vor allem zyklische Marktsegmente weiterhin gute Perspektiven bieten.

Ebenso erwarten wir nach wie vor steigenden Rohstoffpreise. Wir beobachten große Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage in den Bereichen Energie, Metalle und Landwirtschaft. Es zeigen sich strukturelle Veränderungen, die die Rohstoffpreise unelastischer zu machen scheinen. Die Investitionsausgaben der großen Rohstoffunternehmen waren in den letzten zehn Jahren rückläufig, nachdem sich viele langfristige Projekte aufgrund der niedrigen Rohstoffpreise als defizitär erwiesen haben. Darüber hinaus sehen sich die Segmente Metalle und Landwirtschaft, inmitten des Übergangs zu einer kohlenstoffärmeren Welt aufgrund klimabedingter Ziele, mit höheren Kosten und potenziell geringerem Angebot konfrontiert.

Kurz- und mittelfristige Risiken dürfen nicht ausgeblendet werden. Neben neuen Corona-Varianten gilt es besonders die geldpolitischen Tendenzen zu beobachten. Natürlich geht es bei den Inflationssorgen einiger Anleger nicht nur um die Inflation selbst, sondern vor allem um die Reaktionen der politischen Entscheidungsträger darauf. Wie die Notenbanken auf eine erhöhte Inflation reagieren (oder nicht), ist ein Hauptrisiko für die Märkte in der zweiten Jahreshälfte. Um es klar zu sagen: Es geht nicht um einen Richtungswechsel, vielmehr könnten die Notenbanken marginale Reaktionen zeigen, um auch nur einen Rest an Handlungsfähigkeit vorzugaukeln.

Das globale Wachstum wird sich sowieso bis Ende dieses Jahres verlangsamen, da die Konjunkturimpulse nachlassen und sich die Volkswirtschaften wieder normalisieren. Man spricht von Basiseffekten. Dies wird von einer extrem hohen Rate aus erfolgen, was uns die Zuversicht gibt, dass die Inhaber diversifizierter Portfolios auch in der zweiten Jahreshälfte und darüber hinaus belohnt werden.

 

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