Die Auswirkungen der US-Wahl

von | 09. November 2020

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Nun ist die US-Wahl also vorbei. Monatelang haben Investoren auf den 3. November 2020 hin gefiebert. Unzählige Konstellationen und Kombinationen wurden durchgespielt. Horrorszenarien mit Unruhen auf den Straßen der USA machten die Runde. An den Kapitalmärkten herrschte Nervosität und Unsicherheit. Und nun? Der Wahlkampf war brutal, das Rennen lange Zeit knapp, die Auszählung zäh. Zwar ist etwas politische Unsicherheit geblieben, aber die Anleger gehen zur Tagesordnung über. Wie in unserem letzten Kommentar beschrieben, stehen die USA, unabhängig vom Wahlausgang, vor einer gewaltigen Aufgabe, die alle anderen individuellen Ziele und Absichten überlagert: Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise müssen abgefedert werden, um einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kollaps zu vermeiden. Die Zeit drängt.

Das vorläufige Ausgangsszenario

Beim Verfassen dieses Marktberichts bestehen weiterhin erhebliche Unsicherheiten bezüglich des endgültigen Wahlausganges, aber es zeichnen sich drei belastbare Tendenzen ab.

Erstens behalten die Republikaner voraussichtlich die Mehrheit im Senat. Die Demokraten verpassten mit der Niederlage im Bundesstaat Maine die Mehrheit in dieser Kammer. Allerdings scheint es in Georgia am 5. Januar 2021 zwei Stichwahlen zu geben. Derzeit hätten beide Parteien 48 Sitze, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit gewinnen die Republikaner die Senatswahlen in Alaska und North Carolina. Die Mehrheit im Senat beträgt mindestens 51 Sitze. Im Falle einer Pattsituation von 50 zu 50 Sitzen entscheidet die Stimme der US-Vizepräsidentin. Insofern kommt der Stichwahl im Januar eine hohe Bedeutung zu. Gewinnen die Demokraten beide Sitze, übernehmen sie die Macht in der Kongresskammer und damit im ganzen Parlament. Sie könnten also zwei Jahre „durchregieren“ und die US-Politik nach links rücken. Folgt man den ernstzunehmenden Beobachtern der US-Politik ist die Wahrscheinlichkeit dafür eher gering. Demnach ist in den kommenden zwei Jahren von einem republikanisch geführten Senat auszugehen.

Zweitens gilt als sicher, dass Joe Biden die Präsidentschaftswahlen gewonnen hat. Er konnte mehr als die erforderlichen 270 Wahlmänner für sich gewinnen.

Die dritte Tendenz ist mit der höchsten Unsicherheit behaftet. Wir gehen davon aus, dass Donald Trump mit seinen Klagen scheitern wird. Dennoch, wenn die Ergebnisse der Auszählungen sehr eng zwischen beiden Kandidaten bleiben, könnte das für Konfliktpotential sorgen. Momentan beobachten wir den verzweifelten Versuch des noch amtierenden Präsidenten das Auszählungsverfahren in den Staaten anzuzweifeln, in denen noch kein Sieger erklärt wurde.

Welche Auswirkungen ergeben sich für die Finanzmärkte?

Unter einer geteilten Regierung – mit einem demokratischen Präsidenten und einer republikanischen Mehrheit im Senat – werden aller Vorrausicht nach die Staatsausgaben zwar niedriger ausfallen, als für den Fall eines kompletten Triumphs der Demokraten erwartet wurde. Der Mehrheitsführer im Senat Mitch McConnell erklärte jedoch am vergangenen Mittwoch, der Kongress werde wahrscheinlich noch vor dem Jahresende ein weiteres Fiskalpaket verabschieden. Dies steht im Gegensatz zu seiner Aussage vor der Wahl, dass es vor 2021 keinen Deal geben werde. Der Abschluss eines Pakets vor dem Jahreswechsel würde die Erwartungen der Anleger übertreffen und die kurzfristigen wirtschaftlichen Risiken erheblich reduzieren. Und da Biden auch ein neues großes Konjunkturpaket will, das trotz des früheren Widerstands im Senat schließlich doch kommt, werden auch konjunkturzyklische Werte gute Chancen an der Börse haben.

Die Kapitalmärkte zeigten sich vergangene Woche in einer positiven Grundstimmung. Die Logik dafür erscheint durchaus einleuchtend. Eine geteilte Regierung fungiert als ein System von „Checks and Balances“ zwischen den beiden Parteien. Einige der teuren Projekte der Demokraten wie Klimapolitik, Gesundheits-reform und Rücknahme der von Trump umgesetzten Unternehmenssteuersenkung können nun wahrscheinlich nur in abgeschwächter Form oder gar nicht realisiert werden. Investoren, die eine weniger wirtschaftsfreundliche Politik befürchtet hatten, können etwas aufatmen. Zudem dürfte Joe Biden als Präsident die geopolitischen Verspannungen etwas entschärfen. Es besteht ein wenig Hoffnung, dass die USA Abkommen wieder einhalten werden und sich der Handelskrieg mit China und Europa etwas beruhigt. Davon könnte insbesondere die deutsche Exportindustrie profitieren. Und mehr Schulterschluss, der Europa aufwertet und damit die politischen Bedingungen an den europäischen Börsen aufhellt, wird es durchaus geben.

Nach der Wahl treten an den Kapitalmärkten wieder andere Themen in den Vordergrund

Generell beurteilen wir die Situation an den Kapitalmärkten auf Sicht von sechs bis zwölf Monaten positiv. Die US-Wahl liegt hinter uns. Die Unternehmensgewinne könnten sich immer noch verbessern, wenn weitere Konjunkturhilfen beschlossen werden und die Erholung der globalen Wirtschaft dadurch an Fahrt gewinnt. Fiskal- und geldpolitische Impulse dürften für Unterstützung sorgen, selbst wenn Konjunkturpakete etwas kleiner ausfallen, als von einigen erhofft. Zunächst werden Positivmeldungen wegen der hohen Neuinfektionszahlen in Europa nicht durchdringen. Das wird sich aus unserer Sicht aber in den kommenden Monaten ändern. Es besteht die berechtigte Hoffnung, dass in den anstehenden Wochen erste positive Ergebnisse von diversen Impfstoff-Testphasen vermeldet werden. Wir erwarten, dass bis zum 2. Quartal des nächsten Jahres ein Impfstoff allgemein verfügbar sein wird.

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