Der Gewinner der US-Wahl im November steht schon fest: Es sind die Schulden

von | 06. Oktober 2020

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In etwa einem Monat wird der US-Präsident für die nächste Amtszeit gewählt. Die Wahl könnte historisch werden – das zeigt allein schon die aktuelle Corona-Erkrankung von Noch-Präsident Donald Trump. Unter Anlegern macht sich unterdessen etwas Nervosität breit bezüglich der Auswirkungen auf die Wirtschaftspolitik sowie auf die Kapitalmärkte. Es wird über die kurzfristigen Konsequenzen dieses Ereignisses spekuliert. Viele Investoren vermuten, dass es je nach Wahlausgang unterschiedliche Gewinner und Verlierer geben wird. Biden, so sagt man, wäre tendenziell negativ für den US-Dollar und US-Aktien, gut aber für Emerging Markets und europäische Aktien. Bei Trump soll es sich genau umgekehrt verhalten. Während das Rennen zwischen dem Amtsinhaber und Joe Biden weiter offen erscheint, lässt sich aus unserer Sicht eines aber heute schon mit Sicherheit vorhersagen: Egal welcher der beiden Konkurrenten letztendlich das Rennen für sich entscheidet, die Staatsschulden werden steigen.

Die USA eine auf Pump finanzierte Volkswirtschaft? – Eine glatte Untertreibung.

Die prekäre monetäre und fiskalpolitische Situation in den USA lässt sich schon mit zwei Graphen sehr eindrucksvoll veranschaulichen. Regelmäßigen Lesern unserer Publikationen dürften nachfolgende Kurven vertraut sein. Beginnen wir mit der Bilanzsumme der US-Notenbank FED: Diese ist insbesondere durch Anleihekäufe in den vergangenen Jahren auf über 7 Billionen US-Dollar angewachsen. Allein die Monetarisierung der Fiskalpakete in der Corona-Krise trugen dazu 3 Billionen US-Dollar bei. Eine nicht minder dynamische Entwicklung nimmt die US-Staatsverschuldung. Mit 27 Billionen US-Dollar ist sie 3 Billionen US-Dollar höher als zum gleichen Zeitpunkt des vergangenen Jahres. Aufgrund der fiskalpolitischen Maßnahmen und des Wirtschaftseinbruchs im laufenden Jahr bewegt sich die Schuldenquote mit sehr großen Schritten auf die Marke von 140 Prozent der Wirtschaftsleistung zu. Ein historischer Rekord.

In früheren Zeiten galten die Republikaner als konservative Partei mit einem starken Fokus auf fiskalpolitische Disziplin. Dieser Nimbus ist in den vergangenen Jahrzehnten aber immer mehr verblasst. Die Staatsschulden der USA stiegen unaufhörlich an, egal welche Partei gerade das Weiße Haus oder den Kongress dominierte. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Kriegsmaschinerie über die Ausgabe von Anleihen finanziert. Im Zuge der Finanzkrise zwischen den Jahren 2007 und 2009 rettete die Regierung Banken und andere Institutionen, um ein Zusammenbrechen des Finanzsystems zu verhindern. Dieses Jahr unterstützte die Regierung breite Bevölkerungsschichten, Selbständige und Unternehmen, während der Corona-bedingten schlimmsten Wirtschaftskrise seit der Depression in den 1930er Jahren. Und was ereignete sich zwischen diesen drei „Großereignissen“? Nun, da gab der Staat auch kontinuierlich mehr aus, als er über Steuern und Abgaben einnahm. Es ist nicht schwer, Gründe zu finden, warum all diese Kreditfinanzierung nötig war. Eine Frage muss aber beantwortet werden: Wie geht die USA mit dem aufgetürmten Schuldenberg künftig um?

Anmerkungen zur Präsidentschaftswahl

Es sind nur noch wenige Wochen bis zur Wahl. Die US-Volkswirtschaft hat sich vom Corona-bedingten Einbruch noch lange nicht erholt. Die Arbeitslosenquote liegt bei etwa 8 Prozent und eine neue Infektionswelle ist keineswegs auszuschließen. Die Prognose, dass das US-Budgetdefizit in den kommenden Jahren weiter im hohen einstelligen Prozentbereich verharrt, ist weder ambitioniert noch mutig. Wie in vielen anderen Ländern überbieten sich auch derzeit in den USA Demokraten und Republikaner mit Unterstützungen und Wohltaten ohne Rücksicht auf deren Finanzierung. So gewinnt man Wahlen.

Jede der beiden Parteien hat andere Prioritäten bezüglich künftiger Ausgabenprogramme. Dennoch stehen Demokraten und Republikaner gleichermaßen und unabhängig vom Wahlausgang vor einer gewaltigen Aufgabe, die alle anderen individuellen Ziele und Absichten überlagert: Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise müssen abgefedert werden, um einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kollaps zu vermeiden. Die Zeit drängt. Kurzfristige Lösungsansätze müssen gefunden werden, vielleicht sogar schon vor der Wahl. Wie wichtig Transferzahlungen in einer dienstleistungs-orientierten Ökonomie sind, haben wir im vergangenen Marktbericht detailliert erörtert.

Derzeit verhandeln die beiden Parteien über ein Fiskalpaket im Volumen zwischen 1,5 bis 2,5 Billionen US-Dollar. Darunter fallen Transferzahlungen an Familien (Helikoptergeld), Unterstützungen für Kleinbetriebe, Hilfspakete für Fluggesellschaften und vieles andere mehr. Beide Seiten scheinen von einer Einigung noch weit entfernt. Der positive Covid-19-Test von Präsident Trump sowie die Differenzen bei der Neubesetzung eines Sitzes im Supreme Court verkomplizieren die Sache weiter. Am Ende des Tages werden beide Seiten eine verträgliche Lösung finden müssen, egal ob der neue Präsident Trump oder Biden heißt. Für beide Seiten hat ein neues Hilfspaket oberste Priorität. Die Konsequenz einer Einigung? Die Staatsverschuldung springt über die 28 Billionen US-Dollar-Marke.

Weitere Ausgaben nicht budgetiert, aber möglich

Neben der großen Aufgabe, die Wirtschaft zu beleben und den „normalen“ laufenden Verpflichtungen, liegt das Budgetrisiko der kommenden Administration in den ungeplanten und daher nicht budgetierten Ausgabenblöcken. Uns fallen hier sofort die Klimapolitik und die marode US-Infrastruktur ein.

Dem „New Green Deal“ wurde in den amerikanischen Medien in den vergangenen Monaten sehr viel Aufmerksamkeit zuteil. Derzeit ist die Wahrscheinlichkeit aber eher gering, dass er in geltendes Recht umgewandelt wird, denn es wäre unglaublich kostenintensiv. Beide Präsidentschafts-kandidaten haben sich bislang nicht dazu bekannt, aber der Druck der Öffentlichkeit nimmt zu, dem Klimawandel durch konkrete Maßnahmen zu begegnen. Steht hier eine neues Multi-Billionen-Ausgabenprogramm im Raum? Vielleicht, die Demokraten dürften dafür eher empfänglich sein. Erste Andeutungen sind zu vernehmen.

Ebenso sind, wie seitens der Republikaner immer wieder gefordert, hohe Investitionen in die Infrastruktur von Nöten. Weitere Unbekannte sind ein neuer Krieg oder eine komplette Eskalation im Handelsstreit mit China.
Wie geht’s mit den Schulden weiter?

Wirft man auch nur ein Auge auf die Realität, verwundert es, dass die offizielle Budgetplanung den USA nur einen langsamen Schuldenanstieg prognostiziert. Aber immerhin, die offiziellen Planungen sehen für das Jahr 2030 einen Schuldenberg von knapp 40 Billionen US-Dollar vor. Die Lehren aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass Einnahmenausfälle oder ungeplante Ausgaben im Handumdrehen das Defizit um Trillionen US-Dollar erhöhen können. Und nicht zu vergessen: Steuersenkungen erfreuen sich in den USA höchster Beliebtheit. Ein Schuldenstand von 50 Billionen US-Dollar am Ende des Jahrzehnts dürfte aus den Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit wohl die verlässlichere Arbeitsgrundlage sein.

Beide Parteien haben unterschiedliche Ansatzpunkte bezüglich ihrer Ausgabenprogramme und dem Umgang mit den Staatsschulden. Wichtig ist jedoch das Verständnis darüber, dass unabhängig vom Wahlausgang der Schuldenberg weiter deutlich anwachsen wird. Es macht aus unserer Sicht daher keinen Sinn, als Anleger über den Ausgang der Wahlen zu spekulieren, sondern sich vielmehr die Frage zu stellen, ab welchem Niveau die Schulden nicht mehr tragbar werden? Dafür gibt es leider keine Faustregel. Japans Schuldenquote liegt bei 200 Prozent des Bruttoinlandsproduktes mit entsprechend negativen Auswirkungen auf das Wachstum. Viele Beispiele zeigen, dass Überschuldung mit dem Preis deflationärer Tendenzen und schwachem Wachstum bezahlt werden muss. Die Bemühungen, unser Wirtschaftssystem zu inflationieren, wie es mittlerweile große Notenbanken offiziell zum Ausdruck bringen, werden sich intensivieren. Die FED wird hierbei die Vorreiterrolle einnehmen, egal wer im Oval Office sitzt.

Kurzfristige Unsicherheiten an den Kapitalmärkten

Weltweit lassen die Länder die Phase der „Lockdowns“ hinter sich und die Wirtschaft kommt wieder in Gang. Zwar deuten die Konjunkturdaten auf eine Erholung hin (vor allem in China und in den USA); aus unserer Sicht dürfte die Wirtschaftsleistung in den kommenden Monaten aber noch um 5-10 % niedriger als vor der Pandemie liegen. Eine nachhaltige Belebung sollte erst im Verlauf des kommenden Jahres erfolgen.

Trotz dieser positiven Aussichten agierten die Börsen in den vergangenen Wochen sehr nervös. Der September gilt von der Saisonalität her als einer der schwierigsten Monate im Jahresverlauf. Das wurde dieses Jahr einmal mehr deutlich. Neben der schon beschriebenen Präsidentschaftswahl sorgten die Brexit-Verhandlungen sowie das bisherige Ausbleiben eines neuen US-Fiskalpaketes für Unsicherheit. Über alle Regionen hinweg gaben die Aktienmärkte nach. Insbesondere die Korrektur an der Technologiebörse Nasdaq sorgte für etwas Unruhe, obwohl angesichts der angespannten Bewertungssituation eine Gegenbewegung überfällig war. Schließlich ist bei den vermeintlichen Krisengewinnern eine gehörige Portion Wachstumsfantasie eingepreist.
Trotz der kurzfristigen Schwankungen gehen wir mit Optimismus in die kommenden Monate. Neben den Aussichten auf einen Impfstoff im Jahr 2021 mit entsprechend positiven Aussichten auf eine Normalisierung des sozialen Lebens, macht uns auch die jüngste Entwicklung der Corona-Pandemie Mut. In der Eurozone bestätigten zuletzt die Wirtschaftsdaten unsere Einschätzung, dass die aktuell stark ansteigenden Corona-Infektionszahlen bisher kaum Auswirkungen auf die konjunkturelle Erholung haben. Der Anstieg der Fallzahlen geht auf massiv ausgeweitete Tests zurück und betrifft vor allem Menschen, bei denen die Erkrankung relativ mild verläuft. So fällt auf, dass trotz steigender Infektionszahlen die Todesfälle auf niedrigem Niveau bleiben. Beispielhaft seien hier die Daten aus Großbritannien und Deutschland erwähnt. Auch die Krankenhaus-Einlieferungen in den derzeitigen Hotspots Großbritannien, Spanien und Frankreich geben Anlass zur Zuversicht.

Die Aussichten auf einen Impfstoff, die Unterstützung von Geld- und Fiskalpolitik sowie eine stabile Konjunkturerholung liefern, trotz aller Unsicherheiten und Schwankungen in den kommenden Wochen, ein positives Umfeld für die internationalen Finanzmärkte. Um die Tragfähigkeit der im Kampf gegen die Pandemie stark gestiegenen Schuldenberge vieler Staaten nicht zu gefährden, dürfte das Zinsniveau unterhalb der Inflationserwartung und die Realzinsen damit negativ bleiben.

Wir gehen allerdings davon aus, dass zyklische und Value-Aktien, an denen die Aufwärtsbewegung der globalen Aktienmärkte bislang vorbeigegangen ist, eine Outperformance erzielen werden, sobald sich die Weltwirtschaft nachhaltig erholt. Ein klassischer Gewinner in Aufschwungsphasen sind auch Rohstoffe. Seit März/April ist hier ebenfalls eine Erholungsbewegung zu beobachten. Sie wurde nicht nur von Rohöl und Gold, sondern auch von den klassischen, konjunktursensiblen Industriemetallen angetrieben. Die Preise von Kupfer, Zink und Nickel legten etwa seit März jeweils deutlich zu.

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